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Kurzversion:
Die Parsen sind ein kleine Religionsgruppe im großen Indien. Vor über tausend Jahren mussten sie ihre Heimat Persien verlassen. Sie durften dort nicht mehr ihren Glauben leben und suchten einen Ort, an dem sie in Frieden wohnen konnten. Über ihre Ankunft in Indien gibt es eine kleine Geschichte.
Der indische Herrscher wollte zunächst die Fremden wegschicken. Vor ihren Augen nahm er eine Schale und füllte sie bis zum Rand mit Milch. Die Parsen verstanden, was er sagen wollte: Hier ist für uns kein Platz mehr. Doch einer von ihnen nahm eine Handvoll Zucker und ließ die Zuckerkristalle vorsichtig in die Milch rieseln. Dem Herrscher gefiel die mutige Antwort: Diese fremden Menschen wollen für unser Land wie Zucker in der Milch werden. Sie werden das Leben in unserem Land bereichern. Und so gewährte er ihnen Gastrecht.


Erzählskizze:

Jaday Rana ist der Fürst einer herrlichen Provinz in Indien am Meer. Er sitzt am Fenster seines Palastes und schaut über seine Stadt. Im Hafen liegen einige Schiffe. Sie sind voller fremder Menschen. Es sind Parsen. Aus ihrer alten Heimat Persien sind sie geflüchtet, weil sie dort nicht mehr ihren Glauben leben durften. Sie sollten nicht mehr ihre Lieder singen, ihre Geschichten erzählen, ihre Gebete sprechen und ihre Feste feiern. Aus Angst vor der brutalen Gewalt gegen ihre Religion sind sie dann in diese Schiffe gestiegen und suchen eine neue Heimat, in der sie in Frieden leben können. Männer, Frauen und Kinder.
Leben nicht schon genug Menschen in meinem Land? fragt sich Jaday Rana. Wird das gut gehen mit diesen Flüchtlingen? Wird es Streit geben? Reicht der Platz wirklich für alle aus? Er will die Fremden wegschicken und ruft ihre Ältesten zu sich. Weil sie die Sprache des Landes nicht recht verstehen, will er mit einem Zeichen erklären, warum sie weitersegeln sollen.
In die Mitte des Raumes stellt Jaday Rana eine Schüssel. Dann nimmt er einen Krug mit Milch und gießt sie langsam in die Schüssel. Er gießt und gießt. Die Schüssel wird voller und voller, bis zum Rand. Kein Tröpfchen Milch passt mehr in die Schüssel. Die Fremden verstehen: In diesem Land wohnen schon genug Menschen. Niemand soll mehr dazu kommen. Sie stehen traurig da und schweigen.
Endlich reagiert einer der Ältesten. Ohne Worte geht er in die Mitte. Er greift in seine Tasche und holt eine Handvoll Zucker heraus. Diesen Zucker lässt er vorsichtig in die Schüssel rieseln. Zuerst schwimmen ein paar Zuckerkörner auf der Oberfläche, dann saugen sie sich voll, verbinden sich mit der Milch und sind nicht mehr zu sehen. Kein Tropfen Milch läuft über den Rand der Schüssel.
Jaday Rana gefällt diese mutige Antwort: Diese fremden Menschen möchten für unser Land wie Zucker in der Milch werden. Sie wollen nichts Böses. Im Gegenteil: Sie werden das Leben in unserem Land bereichern. Und so gewährt er ihnen Gastrecht. Sie dürfen in seinem Land wohnen und arbeiten.
Aber er stellte auch ein paar Bedingungen: Die Männer sollen keine Waffen tragen, damit niemand vor ihnen Angst haben muss. Die Frauen sollen Saris anziehen wie die Frauen der Inder, damit keine auf die anderen neidisch werden. Die Parsen dürfen in Freiheit und öffentlich ihre Religion ausüben aber sie sollen nicht versuchen, andere zu ihrem Glauben zu überreden. Und sie sollen die Sprache ihrer neuen Heimat erlernen, damit sie sich gegenseitig kennenlernen und verstehen können.
So leben noch heute die Kinder und Kindeskinder und Kindeskindeskinder und so weiter dieser Menschen friedlich mit ihren Nachbarn im Land Indien.

Nach alten Überlieferungen neu erzählt von Herbert Adam

 

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