3. Woche: Maria und Josef
Stall, Hirten und Schafe. Daraus eine neue Geschichte zu erfinden, das wäre ein Leichtes gewesen. Aber es sollte ja die Weihnachtsgeschichte sein - die echte, die richtige. Keine Weihnachtsmann-, Weihnachtsfrau-, Weihnachtsmaus- oder Weihnachtspuddingsgeschichte. Die Ministerinnen und Minister saßen zusammen und überlegten hin und her. Alle Geschichten, die im Königreich erzählt wurden, ließen sie sich bringen. Schöne Erzählungen kamen da zu Tage. Zum Beispiel vom Bischof Nikolaus, wie er den drei Mädchen half und ihnen Geld durchs Fenster warf; oder von der heiligen Luzia, wie sie sich einen Lichterkranz auf den Kopf setzte, um zwei Hände frei zu haben für Körbe voller Lebensmittel, die sie den Armen brachte. Aber das waren Adventsgeschichten. Die richtige Weihnachtsgeschichte war nicht dabei.
Nun musste der oberste Minister zum König Adventus, um ihn über den Stand der Dinge zu informieren. Er stand vor dem König mit gesenktem Haupt: "Eure Majestät, ich bin untröstlich. Gerne hätte ich Euren Weihnachtswunsch erfüllt, aber niemand im ganzen Königreich kennt mehr die richtige Weihnachtsgeschichte. Sie müssen sich die Geschichte leider selbst erzählen!" Adventus wurde ganz leise: "Auch ich habe sie vergessen. Meine Oma und meine Mama hatten sie mir noch erzählt. Aber das ist schon so lange her. - Dann ist die Weihnachtsgeschichte wohl auf immer und ewig verloren."
Da hörte man unten im Hof wieder die Köchin. Sie wartete schon eine ganze Weile auf die Magd und den Laufburschen. Also sie beide von weitem kommen sah schrie sie mit ihrer durchdringenden Stimme: "Maria und Josef, wo bleibt ihr denn so lang! Ihr solltet doch nur ein wenig Schafskäse von den Hirten holen. Wir haben noch soooo viel Arbeit!"
Der König starrte zum Fenster. Maria und Josef, so hießen die Magd und der Laufbursche. Aber die Namen kamen ihm bekannt vor. Na klar! Die hatte er doch schon mal gehört. Dann gingen ihm die Augen auf - oder besser gesagt die Ohren und der Mund, und er sprach: "In die Weihnachtsgeschichte gehören Maria und Josef! Maria, eine junge Frau und Josef ihr Mann. Sie waren unterwegs, und weil in der Herberge kein Platz war, mussten sie in einem Stall übernachten. - Das ist schon die halbe Geschichte!", rief der König begeistert. "Den andern Teil werdet ihr schon finden! Ihr habt noch drei Tage Zeit! Los, los - macht euch an die Arbeit!"
Herbert Adam,
Bischöfliches Ordinariat Speyer